Der Weg von Nachwuchswissenschaftler:innen auf dem Weg zur Professur in Deutschland ist vielfältig und, sich beim Rennen auf eine Professur durchzusetzen, hängt von mehreren Faktoren ab. Unter vielen kritikwürdigen Punkten sind mangelnde Planbarkeit und fehlende Transparenz der Einstellungsverfahren nur zwei Beispiele, die dafür sorgen, dass dem Wissenschaftsstandort viele der besten Köpfe verloren gehen.
Wie kann es also gelingen, Karrierewege für alle transparenter und verlässlicher zu gestalten und zugleich Expertise in Forschung und Lehre an den Universitäten zu halten? Was kann man insbesondere für hochqualifizierte und bestens ausgebildete Forscher:innen tun, die trotz exzellenter Leistungen keine Professur bekommen? Aktuell bedeutet dies fast immer eine gänzliche Umorientierung und das Ausscheiden aus dem universitären Forschungs- und Lehrbetrieb. Dies bedeutet einen großen Verlust für den Wissenschaftsstandort, da in diese Menschen sowohl finanziell als auch ideell viel investiert wurde. Es geht dabei nicht um „Underperformer“, sondern um Wissenschaftler:innen, die bereits auf hohem Niveau gezeigt haben, was in Forschung und Lehre von ihnen zu erwarten ist.
Sicherlich können nicht alle Probleme der Karrierewege von Nachwuchswissenschaftler:innen in Deutschland auf einmal gelöst werden, aber das von uns vorgeschlagene „USB-Modell“ soll als mögliches Puzzlestück und Gedankenanstoß dienen. So kann die Attraktivität der Unikarriere durch höhere Transparenz und individuelle Planbarkeit verbessert und damit attraktiver gestaltet werden:
Basierend auf dem Tenure-Track-Modell schlagen wir das „USB-Modell“ mit drei Pfaden und zwei Schlüsselentscheidungen vor. In einer ersten Evaluation dreieinhalb Jahre nach Beginn der Tenure-Track-Stelle wird über einen generellen Verbleib an der Hochschule entschieden. Die Grundlage dafür ist ein zu Beginn vereinbarter individueller Kriterienkatalog, an dem sich messen lässt, ob die Kandidat:innen den Anforderungen im Ausbildungs- und Wissenschaftsbetrieb gewachsen sind. Im Falle einer positiven Erstevaluation entscheidet eine weitere Endevaluation zwei Jahre später darüber, ob sich die Kandidat:innen entweder für eine Professur oder für eine unbefristete Stelle im akademischen Mittelbau qualifiziert haben, die sie dann sechs Jahre nach Antritt der Tenure Track-Stelle übernehmen können. In beiden Fällen erhält sich die Hochschule ihre erfahrenen Mitarbeiter:innen.
Das USB-Modell soll so für mehr Planbarkeit der Karrierewege und höhere Transparenz bei den Entscheidungskriterien sorgen. In jedem Fall kommt der guten Auswahl der Kandidat:innen eine große Bedeutung zu. Doch auch danach sind die Akteure an der Universität gefragt – das Mentorat der Kandidat:innen ist (nicht nur im USB-Modell) wichtiger denn je.
Um einen Kritikpunkt vorwegzunehmen: Das von uns vorgeschlagene Modell fußt auf der Annahme, dass der Mittelbau prinzipiell gestärkt wird und schließt damit eines der Themen der #IchBinHanna-Diskussion ein. Auch Bund und Länder haben dies erkannt und investieren im Rahmen des Zukunftsvertrags „Studium und Lehre stärken“ in den Ausbau des Hochschulpersonals. Somit sollen grundsätzlich mehr Stellen im Mittelbau geschaffen werden und diese – nach dem hier vorgeschlagenen Verfahren – häufig(er) von Menschen über das USB-Modell besetzt werden.
Wir denken, dass alle Beteiligten von diesem Modell profitieren können: Durch die qualitätsgesicherten und transparenten Verfahren werden die Interessen der Studierenden, des Kollegiums und der Hochschule sichergestellt. Für Forschung und Lehre bedeutet dies einen massiven Qualitätsgewinn, der die höheren Kosten, die mit einer unbefristeten Beschäftigung im Vergleich zu der derzeit weit verbreiteten befristeten Beschäftigung einhergehen, in jeder Hinsicht rechtfertigt. Nicht zuletzt profitieren die Kandidat:innen selber, für die sich mit dem vorgeschlagenen USB-Modell ein transparenter, planbarer und zugleich kompetitiver Karriereweg eröffnet.
Vielleicht ist das USB-Modell nicht „one size fits all“, aber vielleicht „passt“ die Karriere dann besser als vorher? Wir denken ja!
Der Artikel basiert auf einem früherem Blogbeitrag. Der vollständige Beitrag findet sich hier: https://www.jmwiarda.de/2021/12/02/wissenschaftlerkarrieren-nach-dem-usb-modell/